Die Schweiz wird virenärmer

Die Swiss Internet Security Alliance SISA stellt jedermann ein Anti-Viren-Kit zur Verfügung. Gratis.

Text: Anja Eigenmann, publiziert am 11.09.2014

Der Internetplatz Schweiz soll der sauberste der Welt werden. Das ist das erklärte Ziel der Swiss Internet Security Alliance SISA, die SWITCH Anfang September dieses Jahres mitbegründet hat. Damit dies Realität werden kann, haben sich Internetanbieter, Hoster, Sicherheitsunternehmen, Bundesstellen, Finanzdienstleister, Verbände und Hochschulen zu einem Verein zusammengeschlossen. Auf einer gemeinsamen Website bieten sie nicht nur Checks für Browser und Internetanschlüsse an. Man kann auch gleich Schädlinge entfernen und seinen Computer dagegen impfen lassen. Und das alles kostenlos.

Wir fragen Philipp Rütsche, den Initianten und Präsidenten der SISA, wie das funktioniert, wie diese Idee entstanden ist und wie es weitergehen soll mit der Alliance.

Online gratis seine Infrastruktur prüfen lassen, Schädlinge entfernen und den Computer dagegen „impfen“: SISA macht der Schweiz ein grossartiges Geschenk. Müssen wir dank SISA keine teuren Virenscanner und Co. kaufen?
Philipp Rütsche: Was wir auf der SISA-Website anbieten, sind handelsübliche Antivirenprogramme, welche mindestens 30 Tage gültig sind, damit Malware-Infektionen beseitigt werden können. Wir raten dazu, Antivirenprogramme zu installieren und täglich zu aktualisieren. Wenn mein System tatsächlich einen Virus eingefangen hat, ist es jedoch das Beste, das System neu aufzusetzen. Antivirentools sind immer Pflästerchen und bieten keinen 100%-igen Schutz. Die meisten Computerbenutzer sind mit dem Neuaufsetzen aber überfordert, oder es ist zu aufwendig, und sie brauchen Hilfe. Darin läge ein riesiges Geschäftspotential für Computerspezialisten. Nur wissen die wenigsten Computerbenutzer, dass ihr Gerät befallen ist.

Steht es denn so schlimm um die Computer in der Schweiz?
Gemäss den Informationen, die wir heute haben, fallen bis zu 30 Prozent der Computerbenutzer auf Phishing rein, 74 Prozent der Schweizer surfen mit veralteten, angreifbaren Browsern. Und über solche Browser-Schwachstellen dringen mehr als die Hälfte der Angriffe in die Systeme ein.. Weit über 30'000 Computer sind in der Schweiz mit Schadsoftware infiziert. Wir registrieren weltweit 70 bis 80 Millionen suspekte Computeraktivitäten pro Tag. Schade ist, dass die Internet Service Provider, ISPs, die betroffenen Kunden zwar identifizieren, aber schlicht nicht so viele Personen aufs Mal benachrichtigen können. Bis die Attackierten benachrichtigt sind, sind viele von ihnen bereits zu Schaden gekommen.

Und wie möchte die SISA die Computerbesitzer vor den Bösen bewahren?
Einerseits, indem wir ihnen helfen, sich zu schützen. Wir wollen sie dazu bewegen, regelmässig zu prüfen, ob sie sich mit ihrem Gerät sicher im Internet bewegen können. Wir geben Hinweise, wo Sicherheitslücken sind und stehen ihnen beim Stopfen bei. Computerbesitzer, deren System bereits infiziert ist, unterstützen wir mit dem SISA-Cleaner. Wir wollen ihnen auch eine Liste von lokalen Computerspezialisten zur Verfügung stellen, welche vor Ort Neuinstallationen durchführen können. Anderseits wollen wir das Wissen über neue Attacken und Viren von Benutzern, Banken, Internet Service Providern und Co. zusammentragen, vernetzen und die Analyse automatisieren, damit innert kürzester Zeit gehandelt werden kann. Die SISA-Website soll bekannt werden als die Instanz, wo man seine Meldung deponiert.

Die Idee zu dieser Allianz stammt von Ihnen. Wie kamen Sie darauf?
Der Ausgangspunkt ist der folgende Gedanke: Jeder Kunde, der sauber ist, ist für E-Shops, ISPs und Banken ein guter Kunde, jeder infizierte ein schlechter. Also müssten Banken und E-Shops ein Interesse daran haben, ihre Kunden vor Viren zu bewahren. Ich hatte die Idee eines virenfreien Landes bereits im Jahr 2008 mit meinem Kollegen diskutiert, dem Cyberkriminalitätsexperten Thorsten Kraft. Ich sah, dass ich für meine Vision eine entsprechende Infrastruktur brauchte. Und engagierte Mitstreiter in Banken, E-Shops, Internet Service Providern und so weiter. Also begann ich meine Kontakte zu involvieren. Meine Idee wurde Anfang dieses Jahres sehr gut aufgenommen. Die Swiss Internet Security Alliance ist jetzt ein Gemeinschaftsprojekt, das von vielen Personen und Organisationen getragen wird.

Wie soll es mit der SISA weitergehen?
Sie soll grösser werden. Jedes Unternehmen, das Business über das Internet macht, kann profitieren und Mitglied werden. Wir sind relativ klein gestartet, weil wir einen ambitionierten Zeitplan hatten und schnellstmöglich loslegen wollten. Als nächstes werden wir unsere Dienste für die Mitglieder und Anwender ausbauen, speziell in Richtung Mobile Devices. An Ideen mangelt es uns nicht.

www.swiss-isa.ch

 

Wie verseucht ist die Schweiz?

Rund 2700 Schweizer Websites wurden 2013 von Malware gesäubert. Das sind etwa 4.6 Prozent weniger als 2012. Trotz dieses Rückgangs kann SWITCH aber keine Entwarnung geben: 2013 wurden 10 Millionen neue Arten von Malware entdeckt.

Im internationalen Vergleich steht die Schweiz sehr gut da. Sie gehört zu den zehn „saubersten“ Ländern. Dies ist bis anhin den Bemühungen der Internet Service Provider zu verdanken. Internetmässig zu den „gefährlichsten“ Ländern gehören hingegen China, die Türkei, Peru, Bolivien, Ecuador und Russland.

(Quelle: Pandalabs)
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