Innovationen entstehen in Gruppen. Das besagen die Forschungsresultate von Prof. Dr. Peter Gloor.
Im Rahmen des SWITCH Executive Focus 2016 referierte Prof. Dr. Peter Gloor (siehe Box) über die bisherigen Resultate seiner Forschung zu den Gesetzmässigkeiten von erfolgreichen Innovationsprozessen in grossen Gruppen. Er kommt zum Schluss, dass alle Erfolgsgeschichten nach folgenden Muster geschrieben werden: Am Anfang steht ein kreativer Unternehmergeist, der seine Ideen mitreissend kommuniziert. Dass die Idee schliesslich durchschlagenden Erfolg hat, verdankt sie jedoch der Zusammenarbeit einer Gruppe fähiger Mitstreiter, die die Vision des kreativen Unternehmers mit Begeisterung vorwärtstreiben.
Im Interview erklärt Peter Gloor, was seine Erkenntnisse für den Schweizer Forschungsplatz bedeuten.
SWITCH: Herr Gloor, die Schweiz ist reich an Patenten und vergleichsweise arm an Start-ups. Unsere ICT-Infrastruktur ist top. Kann die Schweiz den vorhandenen Erfindergeist ökonomisch besser nutzen?
Peter Gloor: Gute Frage. Kreativität und Unternehmergeist sind ja nicht notwendigerweise miteinander verknüpft. Und dann geht es uns auch zu gut, und das «schnelle Geld» ist viel mehr ein Ziel in den USA als in der Schweiz. Kreativ sind viele Schweizer. Die unternehmerischsten Schweizer finde ich in Boston und im Silicon Valley, oder dann in Berlin. Was die Schweiz brauchen könnte, ist eine Verbesserung der Telekominfrastruktur für unternehmerische Schweizer, die in der Schweiz bleiben wollen. Ich denke da zum Beispiel an Videoconferencing-Angebote. Da ist SWITCH ja an vorderster Front mit dabei.
Wenn die Schweizer Hochschulen mehr Unternehmen starten möchten, könnte das noch mehr von ihnen selbst gefördert werden, so wie am MIT, wo das Vorlesungsangebot darauf zugeschnitten wird und Professoren Seminare zum Thema Start-up-Gründung anbieten.
digital.swiss, die sich mit digitaler Innovation in der Schweiz befasst, kommt zu folgendeme Schluss: Die Hochschulen sind bezüglich ICT-Bildung und Forschung hevorragend platziert, aber die Wirtschaft schöpft dieses Potenzial nur unzureichend aus. Was ist Ihre Meinung dazu?
Die Zahlen von digital.swiss kommen für mich ein wenig vom Himmel herab, aber die Richtung scheint zu stimmen. An der Spitze werden global hervorragende Informatiker als Hochschullehrer rekrutiert, doch die Basis ist dünn. Für mich müsste das Ganze schon im Kindergarten beginnen. Grundsätzlich ist die Informatik-Förderung in den Schweizer Schulen sehr schlecht. Schweizer Lehrpersonen begegnen Computern noch mit viel Skepsis, so dass wir – anders als China, Indien, USA – keinen Nachwuchs haben. In den USA gibt es das von Intel gesponserte Computer Clubhouse, das Kinder und Jugendliche für ICT begeistern will. Educanet ist ein magerer Start. Das Ganze müsste viel breiter abgestützt werden.
Ihre Forschung hilft uns, die Innovationsprozesse zu verbessern. Wie wichtig ist es, dass die Beteiligten fair am wirtschaftlichen Erfolg ihrer «selbstlosen» Zusammenarbeit partizipieren?
Für mich ist der Fairness-Begriff zentral, vor allem, weil man sich auf dem Internet nicht verstecken kann. Das heisst, dass Heuchler und Unfairness besser durchschaut werden können. In Innovationscommunities– ist eine faire Behandlung aller Teilnehmer zentral, sonst laufen sie weg.
Als Erfolgsrezept für Innovationen geben Sie folgenden Rat: "Don't be a star, be a galaxy", zu Deutsch: "Sei kein Star – sei eine Galaxie". Wie kann man als Mitarbeiter eine «Galaxie» in einer traditionellen hierarchischen Organisation werden?
Indem man "Rotating Leadership" zeigt, sich eine Aufgabe sucht, die einen motiviert, und sich auch ausserhalb der Firma mit Gleichgesinnten und Kollegen vernetzt.